Warum die Schiene Zukunft hat
Warum die Schiene Zukunft hatVon Ulli Zimmermann – 15.04.2025, 00:02 Uhr500 Milliarden Euro: Das ist das Volumen des „Sondervermögens“ für zusätzliche Infrastrukturinvestitionen, das Bundestag und Bundesrat im März jeweils mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen haben. Eine gigantische Summe, auch wenn sie über zwölf Jahre gestreckt werden soll. Vorgesehen ist das Geld für die Erneuerung, die Modernisierung und den Ausbau von Straßen, Brücken, Schienen, Häfen, Wasserwegen, Energie-Infrastruktur und vielem mehr, davon 100 Milliarden Euro für Klimaschutz. Welche Summe für welchen Teilbereich konkret eingeplant wird, war zunächst nicht öffentlich. Doch es ist davon auszugehen, dass ein beträchtlicher Teil auf einen Bereich entfallen wird, der zum einen eine erheblichen Investitionsstau aufweist, zum anderen einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten kann: Das Schienennetz beziehungsweise der Schienenverkehr generell. So haben das Institut der Deutschen Wirtschaft und das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung bereits im vergangenen Mai in einer gemeinsamen Studie den Investitionsbedarf für das Schienennetz auf 60 Milliarden Euro geschätzt. Dabei geht es nicht nur um die Reparatur der in den vergangenen Jahrzehnten vielfach vernachlässigten Gleise, sondern auch um das Ziel, einen größeren Teil des Verkehrs – vor allem des Güterverkehrs – auf die Schiene zu verlagern. Dieses Ziel haben bereits vergangene Bundesregierungen verfolgt . Es ist kaum anzunehmen, dass die künftige Bundesregierung grundsätzlich andere Prioritäten setzen wird.Denn die Schiene hat einen gewichtigen Vorteil: Der Transport von Gütern mit dem Zug verursacht pro Tonnenkilometer gegenüber einem LKW nur etwa ein Fünftel des CO2-Ausstoßes. „Damit bildet der Schienengüterverkehr die Basis für eine Treibhausgas-Reduktion durch Verkehrsverlagerung“, schreibt etwa die DB Cargo, also die Güterverkehrs-Tochter der Deutschen Bahn. Durch die weitere Elektrifizierung von Strecken und einen höheren „grünen“ Anteil im Strommix dürfte sich dieses Verhältnis künftig noch verbessern. So hat sich die DB Cargo zum Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu sein und schon bis 2038 den DB-Bahnstrom auf 100 Prozent Ökostrom umzustellen. Hinzu kommt: Schon jetzt sind die Straßen vielfach überlastet. Nicht selten reihen sich in den Autobahn-Staus LKWs Kilometer an Kilometer. Doch nach verschiedenen Prognosen wird der gesamte Gütertransport noch weiter deutlich steigen – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Das ist nur dann zu bewältigen, wenn ein Großteil des zusätzlichen Volumens mit Güterzügen transportiert wird.Dabei ist viel Luft nach oben: Aktuell dominiert der Transport per LKW, die nach wie vor fast ausschließlich mit Diesel betrieben werden und entsprechende Emissionen verursachen. Laut Statistischem Bundesamt liegt der Anteil der Schiene am gesamten Güterverkehr hierzulande bei rund 20 Prozent. Damit liegt Deutschland etwas über dem EU-Durchschnitt von 17 Prozent. Diesen Anteil zu erhöhen, ist auch ein Ziel des „Green Deals“ der EU, also des Maßnahmenpakets, um bis spätestens 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass das Transportvolumen über die Schiene in den nächsten Jahren noch wachsen wird – auch wegen des künftig spürbar steigenden CO2-Preises, der die wahrscheinlich noch länger nahezu ausnahmslos diesel-betriebenen LKW entsprechend belastet. Dafür braucht es nicht nur Schienen sowie ausreichende Güterbahnhof-Infrastruktur, sondern auch Züge, also Lokomotiven und Güterwaggons verschiedener Couleur. Dabei geht es nicht nur um neue Kapazitäten, sondern auch um die Modernisierung der bestehenden Flotten. Hintergrund sind nach Angaben des auf Transportlogistik-Equipment spezialisierten Asset Managers Solvium Capital auch umfangreiche Restrukturierungen bei den Marktteilnehmern im Laufe der vergangenen 20 Jahre. Staatliche Bahngesellschaften wurden teilweise oder ganz privatisiert, gingen mit privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen zusammen oder in anderen Gesellschaften auf.Der Gesamtmarkt ist dabei laut Solvium vom Problem der Überalterung von Lokomotiven und Güterwagen europaweit betroffen. Da die letzte große Investitionswelle in den 1970er Jahren stattgefunden habe und die Anforderungen an Umweltverträglichkeit und Bahnsicherheit erhöht wurden, bestehe ein starker Bedarf an Modernisierungs-, Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen. Diesem Bedarf an Verjüngung und Erneuerung des Bestandes steht der Investitionsstau wegen begrenzter finanzieller Mittel der traditionellen Eisenbahnverkehrsunternehmen gegenüber. Diese Lücken werden zunehmend durch Mietangebote privater Unternehmen geschlossen, so Solvium. So hat sich – wie für anderes Logistik-Equipment wie etwa Transportcontainer oder Wechselkoffer – auch für Güterwagen ein Mietmarkt entwickelt, auf dem die Transportunternehmen in der Regel über spezialisierte Vermietgesellschaften entsprechende Kapazitäten kapitalschonend zuchartern. Selbst ohne das staatliche Giga-Investitionspaket für Infrastruktur besteht also entsprechend großer Investitionsbedarf auch für das Equipment, das für einen möglichst klimafreundlichen Transport erforderlich ist.Dieser Artikel ist Teil des EXKLUSIV Solvium Capital. Alle Artikel des EXKLUSIV finden Sie hier.