Nur ein Almosen im Alter? „Die Riester-Rente ist besser als ihr Ruf“
Nur ein Almosen im Alter? „Die Riester-Rente ist besser als ihr Ruf“Von brodtmann – 24.04.2025, 10:38 UhrNach Angaben des Bundesfinanzministeriums bezogen im vergangenen Jahr 1,165 Millionen Personen Leistungen aus einer Riester-Rente. Im Schnitt erhielten sie aber nur 1.636,13 Euro im Jahr. Das macht laut „Bild“ gerade mal 136 Euro Zusatzrente im Monat. Mehr als ein Viertel aller Riester-Bezieher bekam weniger als 500 Euro. Bei mehr als der Hälfte lag die ausgezahlte Leistung bei unter 1.000 Euro. Nur 1,6 Prozent der Riester-Sparer bekam mindestens 10.000 Euro im Jahr – also mindestens 833 Euro im Monat. Etwas höher lag die Leistung nur bei Senioren, die Leistungen aus mehreren Riester-Renten beziehen.Der Arbeitskräftemangel ist ein strukturelles Problem, das sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen wird. Während die Inflation erhöht bleibt und die Lebenshaltungskosten steigen, wird die Rentenlücke immer größer. In diesem Umfeld ist die betriebliche Altersvorsorge nicht mehr nur …Betriebliche Altersversorgung ist in erster Linie eine arbeitsrechtliche Zusage auf eine Leistung, die in der Zukunft liegt und u.U. über einen sehr langen Zeitraum gezahlt werden muss, da die Verjährungsfrist gem. § 18a BetrAVG bei 30 Jahren liegt. Die Rentenpläne von Union und SPD könnten zu einem schnelleren Anstieg der Beitragssätze führen als bisher erwartet. Woran das liegt.„Um zu bewerten, ob die Riester-Rente nur ein Almosen ist, muss zunächst geklärt werden, wofür die Riester-Rente eingeführt wurde“, erklärt Prof. Michael Hauer, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung . „Durch das Alterseinkünftegesetz wurde eine Möglichkeit geschaffen, die durch die Rentenreform entstandene Versorgungslücke aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch eine staatlich geförderte private Altersvorsorge zu kompensieren. Durch die konservative Ausgestaltung der Riester-Rente in Form einer Bruttobeitragsgarantie setzte man zudem stark auf Sicherheit und weniger auf Renditechancen.“Um die in den Medien publizierten Zahlen richtig einordnen zu können, helfe ein Blick in den jährlich veröffentlichen Rentenversicherungsbericht. „Hier findet man Hinweise darauf, mit welcher Rentenhöhe die Bundesregierung aus einer Riester-Rente rechnet. Für einen Standardrentner , der seit 2002 stets den Mindesteigenbeitrag in die Riester-Rente eingezahlt hat, wird bei Rentenbeginn beispielsweise eine monatliche Rente von 139 Euro erwartet – dies entspricht circa den in der „Bild“-Zeitung zitierten 136 Euro, die vom Bundesfinanzministerium als aktuelle durchschnittlich ausgezahlte Riester-Rente angegeben wird“, erläutert Hauer.Darüber hinaus müsse für eine sinnvolle Interpretation der Werte die Frage geklärt werden, wie viel für diese Rente überhaupt eingezahlt wurde. Eine Untersuchung des IVFP habe ergeben, dass die Riester-Förderung in der Regel für viele Sparerinnen und Sparer effizient bzw. sogar sehr effizient war, d.h. für die oben genannten Renten musste nur ein relativ geringer Eigenbeitrag geleistet werden. Hauers Fazit: „Die Riester-Rente ist besser als ihr Ruf. Gleichwohl sind zeitgemäße Anpassungen notwendig. Was sie jedoch nicht leisten kann und was auch nicht die Intention der Erfinder war, ist eine vollständige Deckung der Lebensstandardlücke im Alter. Und für diejenigen, die diese Art der staatlichen Förderung nicht nutzen, wird die Versorgung im Alter noch geringer werden.“„Fraglos hat Riester einige Schwächen“Für Prof. Dr. Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung , ist Riester weder Almosen noch Flop, sondern ein erfolgreiches Förderkonzept privater Altersvorsorge. Die Zahlen des Finanzministeriums müssten richtig eingeordnet werden, mahnt auch er. „Die Riester-Rente war von Beginn an als staatlich geförderte Zusatz-Rente konzipiert. Hauptrente ist die gesetzliche Rente. Letztere liegt heute durchschnittlich bei etwa 1.150 Euro, d.h. die Riester-Auszahlung bringt dem heutigen Rentner zusätzlich im Durchschnitt ordentliche zwölf Prozent auf seine Rente“, betont Heuser und verweist auch auf die relativ geringen Höchstbeträge: „Die steuerlich geförderten Höchstbeträge lagen zu Beginn im Jahr 2002 bei nur 525 Euro und liegen heute bei 2.100 Euro. Manche Riester-Sparer bleiben mit ihren Sparbeiträgen sogar darunter. Geringe Sparbeträge reduzieren am Ende das angesparte Kapital und damit die Rente.“Zudem hebt Heuser die noch recht kurze Ansparphase hervor: „Die Riester-Rente startete vor 23 Jahren, d.h. die 2024 ausgezahlten Renten hatten eine Ansparphase von höchstens 22 Jahren, viele auch kürzer. Hinzu kommt, dass Riester-Verträge, die bis Ende 2011 abgeschlossen wurden, bereits im Alter ab 60 Jahre ausgezahlt werden können. All das verkürzt die durchschnittliche Laufzeit erheblich und mindert damit natürlich den durchschnittlichen Auszahlbetrag.“ Außerdem könnten sich Riester-Rentner zu Rentenbeginn einen Einmalbetrag von bis zu 30 Prozent ihres Riester-Kapitals auszahlen lassen. Auch das schmälere den Restbetrag, der als monatliche Rente zur Verfügung steht.„Fraglos hat Riester einige Schwächen“, ergänzt Heuser. Die neue Bundesregierung habe sich deshalb auf eine Reform verständigt. „Sie will das Förderkonzept von bürokratischen Hemmnissen befreien und auf zwingende Garantien verzichten. Zukunftsweisend wäre zudem, im Rahmen des Riester-Konzepts auch das langfristige Fondssparen fürs Alter zu fördern“, sagt er. Eine solche Reform würde Riester aus seiner Sicht auch künftig zu einem unverzichtbaren Baustein privater Altersvorsorge machen. Ob sie allerdings auch dazu taugt, den mittlerweile arg ramponierten Ruf der Riester-Rente wiederherzustellen, ist fraglich.